13.12.2014
Fluch ab Frankfurt
Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge kann eine Hummel im eigentlichen Sinne gar nicht fliegen. Von der Form und Flügelstellung her ist dies rein technisch gar nicht möglich. Genau genommen schaukelt sie am Blütenstengel hängend so lange hin und her, bis sie sich mit Schwung von einem Blumenkelch zum nächsten katapultieren kann. Mit den imposanten Brummgeräuschen macht sie sich nur selber Mut.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Logo der Fluggesellschaft Lufthansa einen Kranich beim Abheben symbolisieren soll. Wenn man aber am Abflugterminal seinen Blick über die Airbusflotte gleiten lässt, kommt man nicht umhin, sich die frappierende Ähnlichkeit mit Hummeln einzugestehen.
Es mag ja sein, dass es Flugmasochisten tatsächlich den ultimativen Kick gibt, wenn ein 560 Tonnen schwerer Airbus gemütlich über die Startbahn schlingert und dabei eine Abhebegeschwindigkeit von nicht einmal einem Fünftel meiner Pulsfrequenz erreicht!
Den ohrenbetäubenden Lärm, den die Lufthummeln dabei erzeugen, dient wahrscheinlich dazu, der Bordcrew vor dem Abflug Mut zu machen. Denn kurz nachdem die Maschine abgehoben hat, klebt sie im absoluten Nichts fest, hängt quasi im luftleeren Raum. Und das in Zeitlupe. Als ob sich der Pilot noch nicht dazu durchringen konnte, ob er durchstarten oder den freien Fall einläuten soll.
Und wer glaubt, dass Flugangst verbindet, der täuscht sich gewaltig. Es hilft dir nicht wirklich weiter, wenn sich so ein Honk zwei Reihen vor dir mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Armlehnen verkrallt. Dessen Ängste willst du gar nicht näher erläutert haben. Nein, Flugangst verbindet nicht, Flugangst macht einsam. Vor allem wenn dein niedersächsischer Sitznachbar friedlich vor sich hinschlummert und sich dabei an deine Schulter schmiegt.
14.12.2014
Sturm über Kalifornien
Wenn das Fahrwerk deiner Lufthummel exakt zwischen zwei schweren Tiefdruckgebieten den Asphalt der Landebahn entlangradiert, dann wirst du dich bei Aither, dem griechischen Gott der Lüfte, Sohn von Epos und Bruder von Hemera bedanken und all die versprochenen Opfergaben kredenzen.
Kurz vor der Landung soll im Süden von Los Angeles sogar ein Tornado durchgepfiffen sein, und in San Francisco hat man aufgrund der sintflutartigen Regenfälle gerade mal fünf Stunden vorher das Landeverbot aufgehoben.
Egal, zwei Stunden später saßen wir bereits im Leihauto, 45 Minuten später in Sacramento in einem 4.5 Liter einer alten S-Klasse auf dem Pick N Pull. Die Gerüchte stimmten tatsächlich. Da hingen zwei der gesuchten langübersetzten Viereinhalber auf den Eisenblöcken des Selbstbedienungsschrottplatzes herum, und keiner hatte die Hinterachsen ausgebaut. Die kurzen Armlehnen, das braune Mittelkissen und die Leseleuchten haben wir gleich gesichert. Die Achsen hatten wir für Montag auf dem Plan.
Sonntag, da wird nicht geschraubt, Sonntag wird kein Teil geraubt, denn sonntags wird nur angeschaut. Also rauf zum Automeister in Stockton. 123er Kombi gucken und ... wow schon wieder ein Viereinhalber mit langer Achse, und hinterm Zaun Volvos und Triumphs so weit das Auge reicht!
15.12.2014
It never rains only somewhere else …
Es regnet in Strömen, und wir schmeißen notgedrungen alle Pläne über den Haufen. Eigentlich wollten wir Achsen rauben. Doch bei Starkregen mit unbefestigtem Untergrund ein völlig sinnbefreites Unterfangen.
Also sind wir einem Insidertipp von Adam gefolgt und haben in Stockton an einem Liquor Store gestoppt und nachgefragt, was mit den beiden Heckflossen hinterm Zaun passieren soll.
Die verblüffende Antwort war, dass die jemand für 800 $ gekauft hat, aber nie vorbeikam und ob wir das gewesen wären? Da wir beim besten Willen nicht festmachen konnten, ob der ausgemachte Preis für beide oder pro Stück gewesen war, haben wir sicherheitshalber 650 $ geboten und angedeutet, dass wir ja jetzt hier wären. Der Typ schlug ein und wir hatten einen Doppelpack Heckflossen, in einem Eisenpferch abgestellt, geschossen. Dazu mussten wir lediglich einen Hänger, ein Boot ohne Räder und jede Menge Müll beseitigen. Ne Sache von drei Stunden. Zumindest bei uns. Hier in den USA bei Regen und Transportfahrzeugen ohne Tüv und Schrottplätzen ohne Struktur ein gewagtes Unterfangen. Zumindest wenn eine Dolly mit Plattfuß rechts zum Einsatz kommt. Eigentlich sollte nur ein Strich-Acht Coupé eines Freundes verräumt und dann die beiden Flossen geholt werden. Eigentlich ...
Angefangen hat es mit der Verladung des Strich-Achters, der vier Meilen entfernt in einem Vorgarten stand. Als wir ihn auf dieses Idiotenteil ohne Winde mit Anlauf bugsiert hatten, war der Reifen immer noch platt, aber jetzt mit Gewicht auf Felgenbodenkontakt gedrückt.
Also abladen und bei strömenden Regen auf der Straße der Dinge harren.
1:44 – Strich-Acht abladen, da Reifen platt.
1:48 – der Truckfahrer fährt Luft tanken.
2:12 – der Truckdriver kommt mit Luft.
2:18 - das Coupé ist erneut verladen, doch der Reifen hat ein Loch.
2:19 - macht nichts, meint der Truckdriver und fährt los.
2:22 - der Reifen fliegt von der Felge.
2:25 - Coupé abladen – Truckdriver holt Ersatzreifen
2:45 - der Truckdriver kommt mit Notrad
2.49 - das Coupé ist erneut verladen, doch das Notlaufrad hat einen Platten
3:09 - das Coupé wird abgeladen, der Truckdriver fährt verspätet los, der Stümpfig tobt
3:30 - der Truckdriver fährt Luft kaufen
3:51 - Wo bleibt der Truckdriver?
3:52 - Ich kann mich doch nicht selber würgen!
4:20 – der Truckdriver kommt – erstaunlicherweise mit einem neuen Rad samt Luft ...
Am Ende haben wir mit viel Schwung den Strich-Achter viermal auf die Dolly gewuchtet. Als wir im Stockdunkeln den Stricht-Acht auf den Schrottplatz schoben, waren wir inzwischen völlig durchweicht und ungewohnt einsilbig. Als wir dann endlich losfahren wollten, um die Flossen aufzuladen, hatte der Truckdriver doch tatsächlich die Fahrzeugschlüssel des Fords verloren.
Und ihr werdet es nicht glauben: Auch auf diesem Kontinent fangen fragwürdige Erklärungsversuche meist mit einem „Normaly“ an. Zu meinem Selbstschutz habe ich jede weitere Konversation abgebrochen. Es gibt Gestalten, die diesem Planeten an manchen Tagen einfach den Schwung nehmen. Da laufen selbst die Uhren langsamer. Glaubt mir, dann kommen dir die Tage endlos vor...
16.12.2014
Reifentetris mit anfassen
Neuer Tag, neues Glück! Wir fangen schon vor der Morgendämmerung an den Dreck von, auf und um die beiden Fahrzeuge zu entfernen. Als wir die Fahrzeug endlich freigeschaufelt hatten, stehen wir vor dem Problem, dass acht Plattfüße an zwei Fahrzeugen exakt die Maximalanzahl an Unbilden darstellt, die rein rechnerisch möglich ist.
Deswegen hier die Gretchenfrage: Wie oft muss man zum Reifenhändler zwei Block weiter fahren, wenn man einen Wagenheber, zwei Unterstellböcke und acht platte Reifen besitzt? Zumal die Wahrscheinlichkeit der Wiederverwendbarkeit von Altreifen bei 0,9 geteilt durch die Anzahl der Plattfußschaltjahre (in diesem Fall 4) liegt?
Wer des verschärften Dreisatzes mächtig ist, kann sich vorstellen, dass der Reifenhändler Wolf, der das Aufpumpen übernahm, am Ende fast genötigt hätte, seine picklige Tochter zu heiraten.
17.12.2014
The first 350
In der Craigslist wird eine ganz frühe S-Klasse angeboten. Ein 250 S, keine Papiere, keine Schlüssel, mit der Ankündigung, dass derjenige, der als erster dreihundertfünfzig Dollar aufs Dach zählt das Fahrzeug mitnehmen kann. Wir waren die Ersten und hatten zwar nur 300 Dollar auf´s Dach gelegt, den 250er aber trotzdem bekommen.
Klima, eFH mit Kippschalter, die gesuchten Felgen, was will man mehr? Okay er hatte Plattfüße und wir haben uns tief in den Morast vergraben um das Ding dort herauszubekommen! Frühe Vögel kann man eben nur mit Sockenschuss erlegen …
Dass uns auf dem Rückweg der rechte Reifen von der Dolly flog, muss ich, glaube ich nicht mehr sonderlich erwähnen, oder?
18.12.2014
Die lange Übersetzung
Circa sechzig Zentimeter trennen die Unterböden der aufgebockten Schlachtfahrzeuge von der Kiesschicht, mit der die meisten Schrottplatzareale in dieser Region aufgeschüttet werden. Ein geräumiger Arbeitsplatz sieht weiß Gott anders aus. Zumindest hat es aufgehört in Strömen zu regnen, und somit konnten wir endlich die beiden langen 4.5er Hinterachsen in Angriff nehmen. Das Abschrauben des hinteren Kardangelenks in Embryostellung wird unter solchen Platzverhältnissen zum Geduldsspiel. Beim Lösen der Schubstreben musst du zudem höllisch aufpassen, dass du rechtzeitig die Ratsche loslässt, sonst brechen dir die herausspringenden Hinterachsfedern das Handgelenk. Sofern dir kein herumirrender Schrottenbummler auf den Meniskus tritt und der Hinterachsdorn sich nicht im Gummilager verklemmt, fällt der Eisenklumpen nach ungefähr zwei Stunden in den Kies.
Wenn noch genügend Zeit zur Verfügung steht, ist es ratsam nach alten Bremstrommeln, egal welchen Fabrikats, Ausschau zu halten. Denn Achsen (with drums) kosten knapp 70 Dollar weniger als Achsen (with discs). Wir hatten auf die Schnelle nur einen Satz Trommeln auf dem Areal gefunden und mussten somit an der Kasse notgedrungen in den sauren Apfel beißen. Zwei absolut identische Achsen zu unterschiedlichen Preisen.
Egal, unser fesches Leihauto machte sich als „Vierachser“ auf die Rückreise. Ich weiß gar nicht, welche maximale Achszuladung der Mietvertrag vorsieht. Ich gehe mal davon aus, dass zehn bis zwölf Stück schon reinpassen würden …
19.12.2014
San Jose – Santa Paula – Los Angeles
Mit einer feinen zartmilden Altölduftnote dank zweier Hinterachsen im Gepäck sind wir die halbe Nacht durchgefahren. Wir mussten nach Santa Paula, denn dort hatten wir letztes Jahr einen Großteil unseres Werkzeugs deponiert. Außerdem betreibt Daniel dort einen Restaurationsbetrieb für mercedeale Hochkaräter. Diesmal überraschte er uns mit einer 111er Coupé Sammlung, die er im Zuge einer Lagerauflösung aus North Carolina über den halben Kontinent geschleift hatte. Darunter befand sich übrigens ein 300er Coupé mit Karosserie- und Motornummer 0001. In den Regalen hing zudem ein Berg neuer originaler Karosserieteile für 111er Heckflossen. Die wollen wir übermorgen Gene aus dem Kreuz leiern. Gene sammelt IMA-Kombis, da passen doch die Hälfte der Einschweißbleche gar nicht. Jedenfalls werde ich das mit dem Brustton der Überzeugung behaupten …
20.12.2014
Pick Your Part Tour
Wenn man schon im Großraum Los Angeles unterwegs ist, dann kommt man als Schrauber nicht umhin, den einen oder anderen Self-Serve-Yunkyard aufzusuchen. Mittlerweile werden in der ehemaligen kalifornischen Halbwüste, in der sich mehr als zwanzig Millionen Menschen angesiedelt haben, sogar schon 123er knapp. Die beiden Coupés dieser Gattung waren dann wohl eher ein Glücksfall. Doch wenn man bedenkt, dass wir hier knapp 125 Meilen durch eine panische, mit Dauerstaus gesättigte, Großstadt gegurkt sind, macht eine Schrotteltour in dieser Metropolregion eigentlich gar keinen Sinn mehr. Auf dem Platz in Wilmington hatte der Starkregen vom Wochenende deutliche Spuren hinterlassen. Manche Fahrzeugreihen hätte man bestenfalls noch mit dem Paddelboot erreichen können. Inmitten einer riesigen Wasserlache schwamm ein Kotflügel an uns vorbei. Wäre es ein Flossenflügel gewesen, wäre ich in Unterhosen hinterher geschwommen. Teiletauchen auf dem Schrottplatz. Welch ein absurder Gedanke …
21.12.2014
The Kombi Kombination
Die Welt ist ein Dorf und alle fahren Flossenkombis. Da sind wir zehntausend Kilometer von zu Hause entfernt und man trifft exakt auf den Kerl, der uns den seltenen Flossenbinzkombi mit Schiebedach vor der Nase weggeschnappt hatte. „Sorry for that,“ meinte Gene und zuckte die Achseln. Was wir da auf seinem Grundstück in den Bergen an Heckflossen zu sehen bekamen, findest du in keinem Museum. Drei IMA-Kombis, besagten Binzkombi, zwei lange 300er Flossen plus 190/200/220er kreuz und quer verteilt. Das muss man erst einmal auf sich wirken lassen. Vor allem der 200er Diesel Universal nebst Servolenkung, geteilter Rücksitzbank und zudem noch die 7-Sitzer-Option gezogen. Wie ultraselten ist das denn? Wir sind geschlagene drei Stunden um die Fahrzeugarmada gezogen und haben uns völlig festgequatscht. Als wir dann noch mit der 300er Flosse durch die Bergwelt von Camarillo gerauscht sind, war die Seele derart am baumeln, dass wir glatt vergessen hatten nach den neuen Karosserieteilen zu fragen. Als wir uns verabschiedeten, meinte Gene noch, dass in der Nähe von Lissabon ein rarer Polizeiflossenkombi im Topzustand zum Verkauf gestanden hätte. Leider hätte ihn den jemand vor der Nase weggeschnappt. Stimmt. Wenn alles wie geplant verläuft, hole ich den Anfang Februar auf eigener Achse nach Ornbau. „Sorry for that!“. Wie gesagt, die Welt ist ein Dorf …
22.12.2014
Wegwerfgesellschaft
Um eine Wegwerfgesellschaft zu betreiben, benötigt man drei Dinge: Jemanden der wegwirft, eine Gesellschaft, die die Dinge einsammelt und irgendwo stapelt und Typen wie uns, die im Kies herumkrabbeln und den ganzen Schrott wieder aufsammeln.
So weit, so gut, könnte man meinen! Denn sofern keiner der drei genannten Gruppen einen attestierten Dachschaden hat, hinterlässt diese Form des Zusammenwirkens keine bleibenden Schäden.
Doch was bitte muss passiert sein, dass in Zeiten digitaler Breitbandvernetzung jemand seinen 220 Diesel Strich-Acht mit sage und schreibe 29.000 Meilen auf der Uhr, im Zustand 1 wegwirft und ausgerechnet auf einen blinden Partsmanager trifft, der einen völlig bescheuerten Gapelstaplerfahrer anweist, die in schönstem hellblau erstrahlende Limousine aufzubocken und zum Abwracken freizugeben, ohne dass bei einem der Beteiligten auch nur ein kleines Lämpchen in der Nähe der Hirnrinde angeht?
Und warum müssen ausgerechnet wir zwei Idioten vor dieser Traumkarosse in den Kies fallen und Schnappatmung bekommen? Hätten wir nicht einfach die Kotflügel abschrauben und das Heckblech oder die beiden Seitenflügel herausschneiden können, anstatt den Gabelstapler zu bitten, die Karosse auf die Seite zu stellen? Okay, wer konnte den ahnen, das der Staplertrottel falsch abbiegt und der Einpresskasper aus Versehen auf den Knopf drückt und einen schicken hellblauen Würfel produziert?
Ich will auch gar nicht mehr wissen, wer das 111er Coupé in Windsor auf den Schrott geschmissen hat oder warum das Isabella Coupé auf den Parkplatz gefallen ist?
Denn bei solchen Geschichten gehen bei mir die Lämpchen an und versengen mir nachts die Hirnhaut. Außerdem kann ich nicht schlafen, wenn es so hell ist hinter der Schädeldecke.ist.
23. - 24.12.2014
Kiss my ass
In Arabien scheint man Weihnachten nicht sonderlich zu schätzen. Jedenfalls war der Tow-Away-Yard von Gabriel auch über die Feiertage geöffnet. Christmas, wurde uns erklärt, hört sich grob genuschelt wie „cismyass“an. Okay, wenn das hier so aufgefasst wird, wollen wir uns nicht zweimal bitten lassen. Also packten wir die Gelegenheit beim Schopfe und haben uns über die Feiertage die 230er Flosse, den 180er Ponton und einen 300 SEL mit Alumotor geschnappt und in ihre Bestandteile zerlegt.
Während der restliche Straßenzug andächtig den Jingle Bells auf allen Radiostationen lauschte, haben wir unsere Werkzeuge ausgepackt und ebenso andächtig das weihnachtliche Schlachtfest eingeläutet.
25. - 26.12.2014
Happy Holidays
Wir haben dann tatsächlich die Feiertage durchgeschraubt. Wenn die Flexgeräusche und das Nagen der Akkusäge zu arg wurde, haben wir zur Tarnung die Santa Claus Mützen übergestülpt.
Mit dieser Methode haben wir in zwei Tagen die 230er Flosse und den roten 180er Ponton nach und nach in ihre Einzelteile zerlegt.
Wenn die originalen Pink Slips (Fahrzeugpapiere) noch vorhanden gewesen wären, hätten wir uns mit den Gewissensbissen, die uns plagten, auch locker so durch die Schwellerköpfe nagen können.
Man kann nicht wirklich behaupten, dass man sich an den Anblick völlig zerfledderter Veteranen gewöhnen kann, wenn man weiß, dass sie annähernd rostfrei waren ...
27.12.2014
Manueller Jungheinrich
Wie bekommt man eigentlich einen Antriebsstrang aus einem auf dem Bauch liegenden 109er heraus, wenn weder Wagenheber, noch Motorkran oder Gabelstapler greifbar sind? Die Nummer mit zwei vdh-lern, denen man ein Vierkantholz, an dem ein Motor baumelt, über die Schultern gezurrt hat und dann eine Nottreppe, die aus leeren Bierkästen besteht, hochjagt, funktioniert nur bei 190er Benzinermotoren.
Doch hier drückte ein fetter 300er ,an dem ein noch fetteres Automatikgetriebe hing, den Vorderbau in den aufgeweichten Sand!
Der Lange aus Brandenburg und auch der Kampfhesse waren sich einig, dass man notgedrungen auch die Karosse vom Motor wegheben könnte. Also war unser Hauptanliegen fortan jegliches Gewicht dem gestrandeten Wal zu nehmen. Die Faustregel :vier vdh-ler ergeben einen manuellen Jungheinrich hat sich wieder einmal bewährt. Nach knapp vier Stunden haben wir tatsächlich das Gerippe des Kolosses zur Seite gewuchtet. Mit welcher Methode wir den Motor zum Eingang gezerrt haben, sollte ich aus versicherungstechnischen Gründen vielleicht besser für mich behalten ...
28. - 29.12.2014
Buntes U-Haul Tetris mit Anfassen
Inzwischen haben wir auch die drei Karossen in Stockton zerlegt. Langsam können auch wir uns damit abfinden, dass wir hier Fahrzeuge zersägen, die in unseren Gefilden niemals derart geplättet würden. Doch irgendwo müssen die Karosseriebleche ja herkommen. Und da wir schon wieder zwei Karossen angeboten bekommen haben, kommen wir langsam ernsthaft ins Grübeln, Entweder wir schlachten hier weiter im Akkord oder fangen mit dem Containerladen an. Doch egal, wie die Entscheidung ausfallen wird, unsere Abschlachtaktionen haben auf allen Plätzen wüste Teileanhäufungen hinterlassen, die selbst wir mit dem Leihauto unmöglich mehr abtransportieren könnten.
Also haben wir uns mit einem 10 x 10 U-Haul-Truck bewaffnet und das Teilechaos in ein extra angemietetes Storage verfrachtet. Ich weiß jetzt übrigens, wie die Ägypter die Steinbrocken die Pyramidensteigung hochgeschleift haben. Das geht übrigens auch mit 300er Motoren …
30.12.2014
Stockton - San Diego und retour
Nick hat angerufen und zwölf Türen und ein paar Kotflügel angeboten. Auch Triple-A hatte einen Ponton in Einzelteilen im Angebot. Daniel gar eine 600er Karosse.
Also machten wir uns auf den Weg gen Süden und steuerten trotz Zeitdrucks drei öffentliche Schrottplätze auf dem Hinweg an. Mit dem Ergebnis, dass sich fortan drei 107er Flügel, ein Satz hintere Kopfstützen aus einem frühen 123er Coupé und zwei Turbolader zwischen unseren Koffern zwängten.
Das Mädel hinter der Rezeption des Motels in Channel Islands machte einen echt verwirrten Eindruck, als wir abends um elf die Kotflügel auszuladen begannen, um an die Reisetaschen heranzukommen ...
31.12.2014
Die spinnen die Amis
Eine der am weitest verbreiteten Unsitten hier ist die Verniedlichung von Fakten. So kann der Begriff "around the corner" bis zu einer Entfernung von 60 Meilen Anwendung finden. Unter Umständen ist da dann tatsächlich nur eine Ecke dazwischen gewesen! Ähnlich krass kann die Diskrepanz zwischen dem, was beschrieben und dem was man dann zu sehen bekommt, ausfallen. Eine "rare 220 Exportversion" kann dann schon mal zu einem W 187 mit Hundertachterstoßstangen mutieren.
Über das angeblich nur teilzerlegte 111er Coupé will ich mich gar nicht mehr groß aufregen. Auch wenn da gleich zwei Ecken Fahrzeit dazwischenlagen.
Den Vogel schoss aber ein gewisser Frank ab, der uns ein perfekt restauriertes 111er Cabrio anbot. Kleine Detailänderungen wie Corvette-Motor, Discobeleuchtung im Instrumententräger und eine völlig veränderte Unterbodenkonstruktion, die das Leergewicht der Karosse um schlappe 800 Kilogramm anhob, wurden nicht einmal ansatzweise erwähnt.
01.01.2015
Nick and Lauda
Menifee liegt auf der östlichen Route von San Diego Richtung Los Angeles. Egal zu welcher Jahreszeit wir hier einen Stopp eingelegen, das Wetter spielt verrückt. Letztes Jahr sind wir fast abgesoffen, heute stapften wir tatsächlich im Schnee um die auf dem Gelände verstreuten Fahrzeuge.
Nick hatte übers Jahr drei Türensätze zur Seite gestellt. Sein Kompagnon Paul (ein ehemaliger Rennfahrer) hatte einige interessante Karossen im Angebot. Wir entschieden uns letztendlich für die beiden 4.5 er. Den 108er würden wir schlachten, den 109er hätten wir gerne verschifft.
Übermorgen nehmen wir diesbezüglich die Preisverhandlungen erneut auf, sofern hier dann kein Sandsturm durchpfeifen sollte, müsste man sich eigentlich handelseinig werden …
02.01.2015
Irgendwas geht immer ...
Heute sind wir mit Gene handelseinig geworden und haben die neuen Karosserieteile in die extra für diesen Zweck gekaufte 107er Rohkarosse verstaut. Als Gene nebenbei bemerkte, dass er auch noch einen Satz 300er Flossentüren und die superrare Fondheizung abzugeben hätte, war für uns der Tag perfekt gelaufen. Jetzt hatten wir zwar ein ernstes Platzproblem im U-Haul-Truck, welchen wir bereits mit dem Storagematerial aus Santa Paula vollgestopft hatten. Doch Teile-Tetris während der Schrotteltour gehört hier ja zum Schrauberalltag ...
03.01.2015
Der Kreis hat hier vier Ecken ...
Obwohl wir zu viert hier zugange sind, wird die Containerbeladung zur Hängepartie.
Doch wenn wir jetzt alle Zelte abbrechen würden, gehen uns vier Schlachtfahrzeuge durch die Lappen. Also teilen wir uns in zwei Gruppen auf. Die eine lädt den U-Haul Truck mit den zusätzlichen Kotflügeln, die wir in der Hektik fast vergessen hätten und stopfen die 107er Rohkarosse mit den neuen Karosserieteilen voll und machen sie quasi versandfertig. Der zweite Trupp fährt nochmal in die Berge hinter Lake Elsinore, um dort über die beiden 4.5er zu verhandeln und die zwölf Türen und den Satz Kotflügel einzupacken. Von dort geht es auf direkten Wege zurück nach LA ,um am Hafen die Verschiffung der Karosse klar zu machen. Über den Pick A Part in Compton ging es dann wieder retour nach Santa Paula. 337 Meilen! Einmal around the vier Corners eben ...
04.01.2015
Stockvoll Stockton
Das Storage in Stockton wird von einer Art Hausmeister bewacht, der in der Unit 122 seine Gerätschaften untergestellt hat. Unter anderem zählt da ein Golfkart dazu, mit dem der knapp 80-jährige Herr zweimal am Tag den Hof abreitet. Dies wird sogar schriftlich im achtblättrigen Mietvertrag zugesichert. Seitdem aber die Strudels (Germans) im Garagentrakt Nummer 5 zugange sind, haben sich die Inspektionsfahrten verdreifacht. Vor allem die kompromisslose Leihautoentladung scheint den Storagemeister völlig zu verblüffen.
Als wir anfänglich mit Hinterachsen im Gepäck aufkreuzten, kniff er noch ungläubig die Augen zusammen, die Fuhre Schnittblech und Motorhauben entlockten ihm bereits ein verblüfftes "oops" beim unauffälligen Vorbeigleiten im Golfkart, doch bei der Entladung von 18 vollgepackten Türen plus vier Kotflügel n fing er an, sich gehörig am Kopf zu kratzen. Entweder hatte er sich von seinem Beobachtungsposten aus beim Entladen verzählt oder er hat tatsächlich gemeint, "fully loaded" steht für die maximale Anzahl an Extras, die in einem Fahrzeug verbaut wurden!
05.01.2015
Like he is
Seit drei Wochen kreuzen sich in unregelmäßigen Abständen unsere Wege. Manchmal glaube ich zu meinen, er guckt mir beleidigt hinterher. Dieser zweitürige 220 SE mit dem kleinen b im Titel, Feldgrün im Farbton, auf Jahre hinweg sonnengegerbt. 360`Grad Patina mit optischer Wegfahrsperre.Völlig unverbastelt, ungeschweisst, mit echten Rostansätzen am Hinterteil.
Solch morbide Schönheiten trifft man eher selten mit so breiter Brust an, diese hier war zwar schon etwas beißbockig in den Hüften aufgrund der langen Standzeit, doch die Fluchten warfen derart gerade Schatten, dass man im Vorbeigehen regelrecht blinzeln musste.
Heute habe ich mir den alten Autoreifen geschnappt, den jemand achtlos an die Kotflügelkante gelehnt hatte, und in die Sonne gerollt. Glaubt mir, man benötigt die richtige Stelle, das richtige Licht, die richtige Stimmung, um es sich darauf bequem zu machen. Nur so kann man sich am Detail verträumen, die Distanz verlieren, einen Anfang wagen.
Als ich aufstand und breitbeinig in Richtung des softgrünen Coupés schlurfte, war mir bereits das rechte Bein eingeschlafen. Ich strich mit den Händen die Kotflügelflanken entlang und gab ihm zu verstehen:
"Hey Kermit, wenn ich dich zum Laufen bringe, nehme ich dich mit. Dann fahre ich dich so, wie du bist. Ohne wenn und aber. Versprochen!"
06.01.2015
Car Tetris
Der komplexe mathematische Dreisatz zeichnet sich in der Regel dadurch aus, dass man mehrere Unbekannte nur aufgrund der logischen Verknüpfung aller bekannter Gegebenheiten bestimmen kann. Hier in Amerika kann beim naiven Autokauf durchaus auch der verschärfte Schiebesatz inklusive Wendekurvendiskussion zur Anwendung kommen.
Und zwar immer dann, wenn man Altbenze in Hinterhöfen ankauft, die dort exakt den Anfang einer Reihe von abgestellten Fahrzeugen bilden. In unserem Fall war es ein 4.5er vor dem ein Volvo Kombi mit vier Plattfüßen abgestellt stand. Davor war ein englischer Roadster ohne Reifen und fehlendem Differential parkiert. Und am Ende dieser Kolonne klebte quer ein Triumph 2 auf seinen Verschlussfelgen im Kiesbett fest.
Um die alte S-Klasse da hinten herauszuholen mussten wir sämtliche oben aufgezählte Hängepartien irgendwie wegwuppen. Dazu galt es das restliche herumliegende immobile Kulturgut geschickt zu umkurven. Zu sechst haben wir dafür knapp zweieinhalb Stunden gebraucht. Bei der anschließenden Schlachtaktion waren wir als Team wesentlich effektiver ...
07.01.2015
Out of space
Als Stefan und Frank die letzten Tage abwechselnd entweder mit dem U-Haul Truck oder dem Leihwagen auf dem Garagenhof aufkreuzten, war es um die vorsichtige Zurückhaltung des Storage-Meisters geschehen. Fortan bretterte er mit seinem Golfkart dem Entladetrupp direkt hinterher und beäugte im Vorbeigleiten den Umfang und Ausmaß der neuen Fuhre. Vor allem die freitragende Balkentechnik der beiden erntete zweifelsfrei seine uneingeschränkte Anerkennung. Zum Ende hin wurden wir gar per Handzeichen gegrüßt.
Es hat sich mir zwar noch nicht allumfassend erschlossen, wie wir Ende November bei der endgültigen Leerung der 10x20 Fuß großen Storage-Einheit vorgehen sollen, doch wenn ich es richtig begriffen habe, sind die reichhaltigen Skizzen an den Wänden als detaillierte Abbauanleitung der Blechpyramiden zu verstehen.
08.01.2015
Der Norweger
Einem Insidertipp zufolge soll in Oakland eine Truppe Polen ansässig sein, die über heftigste Teilebestände verfügt. Die genaue Adresse konnte uns zwar keiner geben, doch wir sollten unser Glück mal in der 7th oder 9th Street versuchen.
Gesagt, getan. Aus diesem Grund haben wir auf dem Weg zum Flughafen nach San Francisco einen Abstecher durch die Industriegebiete in den Containervierteln von Oakland eingeplant. Ehrlich gesagt, hatten wir relativ wenig Hoffnung, denn egal durch welchen Straßenzug wir rollten, die Gegend wurde immer finsterer. Ich meine, dass Fahrzeuge die neben dir an der roten Ampel verharren, weil man ihnen die Reifen abgeschraubt hat, nicht unbedingt ein Zeichen für eine "nice Neighborhood " sind. Als sogar das Navigationssystem unsicher wurde und auf die "Ausfahrt direkt hinter uns" verwies, wollten wir die Suche eigentlich schon abbrechen. Doch im nächsten Seitenzug erspähten wir durch ein halbgeöffnetes Tor zwei Adenauer, nen 600er und ein 111er Coupe die allesamt auf Hebebühnen parkiert standen.
Der Pole entpuppte sich als Norweger, der seit 41 Jahren so ziemlich alles mit Stern zerlegt haben muss, was man sich so vorstellen kann. Die Schwerlastregale zogen sich in schier endlosen Reihen durch die riesige Lagerhalle. Da der Bestand relativ ungeplündert aussah, hat man ihn entweder nicht gefunden oder er ist einfach zu teuer. Auf jeden Fall hat er uns gleich zu verstehen gegeben, das die 190 SL- und Adenauerteile unverkäuflich seien, denn da hätte er selber sieben Stück von. Dieser Teileberg war auch für uns nicht alltäglich. Da werden wir wohl vorsichtig per Email nochmals anfragen müssen …
09./10.01.2015
Abflug
Interkontinentalflüge werden meines Wissens ausschließlich als Round-Trips verkauft. Das liegt auf der Hand. Sonst würden einige die Rückreise mit dem Ruderboot antreten.
Auf dem Anschlussflug von Frankfurt nach Nürnberg hatte der Pilot mit derart starken Seitenwinden zu kämpfen, dass er die Dauerbeschnallung des kompletten Fliegers inklusive der Stewardessen anordnete. Die Landung würde ich als grob, unsanft und fahrlässig bezeichnen. Beim Landeanflug hatte man das ungute Gefühl, dass sich die Gesetze der Erdanziehungskraft verabschiedet hatten. Entweder wir wurden mit einer Urgewalt Richtung Rollfeld gezogen oder es riss die Anziehungskraft völlig ab und wir wurden wie Herbstlaub über Nürnberg-Nord hinweggeblasen. Diese Prozedur in unterschiedlicher Reihenfolge erlebten wir dreimal hautnah mit.
Wenn dir der Adrenalinspiegel des Grauens derart brutal vors Gesicht gehalten wird, hast du alle erdenklichen Nuancen der Fliegerhölle gesehen. Glaubt mir, hätte Lufthansa mir anschließend einen Gutschein für ein kostenloses Fitnesswochenende auf den Golanhöhen unter der Vorgabe mich selbst zu verteidigen, angeboten, ich hätte den Voucher in meiner Verfassung glatt angenommen.
Auf dem Weg in die Ankunftshalle wurde ich von zwei Zollbeamten zu einer Routinekontrolle auf die Seite gezogen. Klar, vor ihnen stand ein völlig zerzauster Typ mit akutem Schlafmangel, Dreck unter den Fingernägeln, der einen Makito Rollkoffer hinter sich herzog. Ich lächelte die beiden Beamten glückseelig an und gab ihnen mein Portemonnaie, Handy, Tablet, Handgepäck und Koffer und meinte: "Ihr wisst ja gar nicht wie schön es ist, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und zwei nette Typen wie Euch kennenzulernen!" Einer von ihnen wollte tatsächlich wissen, ob ich Medikamente zu mir genommen hätte? Ich antwortete: "Nein, aber ich hab mir dort oben ein riesengroßes Luftloch reingezogen ..."