3 days of peace love and information
Jede Vision beginnt mit einer gedanklichen Reise. Jeder Erfolg mit der praktischen Umsetzung. Und daran versuchen wir uns nun schon seit knapp dreißig Jahren.
Grund genug, im nächsten Jahr eine Mischung aus Stadtfest, 3 days of peace, love and information und der vdh-Open-Veranstaltung zu wagen. Inzwischen haben wir nicht nur die Festwiese, die beiden Campingplätze sowie die Ausweichwiese dingfest machen können, sondern auch die Örtlichkeiten und Gegebenheiten für 35-Jahre-vdh mit der Stadt Ornbau abgestimmt.
Somit können wir das ganze Arreal rund um die Vereinshalle nutzen und werden mit Gazebos, Rattanburgen und der ganzen Bestuhlung anrücken und die Festwiese wieder als Campingplatz nutzen. Somit stehen wir wieder mitten im Blickfeld der Ortseinfahrt des fränkischen Kleinods.
35 Jahre vdh / 700 Jahre Ornbau
Das letzte Juliwochenende in 2023 solltet ihr euch alle dick im Kalender anstreichen, denn die doppelte Jubiläumsfeier, die wir zusammen mit den Ornbauern veranstalten wird mit Sicherheit allen charakteristischen Züge eines Festivals gerecht werden. Während die Stadt Ornbau ihre Veranstaltung konzeptionell in der Innenstadt ansiedeln wird, werden wir gleichzeitig die Weidenbacher Straße rund um die Vereinshalle bespielen. Der Freitagabend wird als musikalischen Schwerpunkt ein Rockkonzert in der Innenstadt anbieten. Dieses Veranstaltung wird seitens der Stadt Ornbau geplant und organisiert und stehte selbstverständlich auch unseren Mitgliedern offen. Der Samstag klingt seitens der Stadt Ornbau bereits mit Ende des Auftritts des Münchner Kabarettisten Wolfgang Krebs gegen 21 Uhr aus. Danach wird der Samstagabend dann vom vdh-seitig gestemmt. Wir werden wie schon vor 5 Jahren eine Topband verpflichten und die Ausrichtung des Großfeuerwerks übernehmen. Sonntag gibt es in Ornbau einen Frühschoppen - wir hoffen, dass wir trotzdem beim Tennisverein das beliebte Frühstücksbüffet anbieten können.
Also haltet euch das Wochenende frei. Anreise ist bereits am Donnerstag den 27.07.2022 möglich - Abbau und Abreise wie gewohnt dann nach dem Frühstück am Sonntag.
Großtreffen sind in Bayern bis Ende August nicht mehr möglich. Also verschieben wir das "große miteinander" um ein Jahr.
Die Anmeldung und die bereits bezahlten Anmeldegebühren übernehmen wir dann 1:1 fürs nächste Jahr. Das spart uns zumindest viel Bürokram.
Auf vielfachen Wunsch unserer Mitglieder haben wir den Kleinanzeigenmarkt jetzt direkt auf unserer Homepage eingebunden. Das neue Kleinanzeigenprogramm hat etliche hilfreiche Funktionen und eine vereinfachte Bedienerführunng. Das Einstellen der Inserate ist kostenlos und (sofern registriert) für jedermann möglich.
Und es wird Hella über Bosch
Wer lange bohrt wird auch belohnt. Schon seit Monaten sind wir an einer größere Lagerauflösung dran, nur waren bis dato die genauen Besitzverhältnisse noch nicht geklärt. Doch so wie es aussieht werden wir den Zuschlag für eine größere Lagerauflösung auch bekommen und können dann peu á peu mit etlichen Raritäten im Scheinwerferbereich aufwarten.
Hier sind nicht nur unzählige nicht mehr lieferbare Positionen der Erstausrüster wie Hella und Bosch vertreten, sondern auch massenhaft Reflektoren, Lichtscheiben, Zierringe in originalen Mercedesverpackungen enthalten. Das Teilelager wurde offensichtlich schon Ende der 60er Anfang der 70er Jahre angehäuft und die interessanteren Ersatzteile nicht, wie sonst üblich, schon abverkauft. Natürlich ist auch viel LKW-Material darunter und die ganze Angelegenheit wird recht staubig werden, doch dafür gehen etliche gesuchte Teile in unseren Lagerbestand über. Zum Beispiel lagern dort neue Lampenträger W 108 /109 oder gar komplette Tropfenscheinwerfer.
Vor allem neue Rückleuchtendeckel für Binz und IMA-Universal Kombis sind reichlich vertreten. Und zwar in beiden Varianten mit gelben und roten Blinkern. Teilweise sogar in originalen Mercedes-Benz Verpackungen. Wenn die Regale nicht doch noch umstürzen sollten, dürften wir bis Mitte November die ersten Fundstücke in die Neuteileliste aufgenommen haben.
Wie bereits eingangs erwähnt: Das Glück fällt dem Tüchtigen zwar nicht zwangsweise in den Schoß, aber die Trefferquote ist wesentlich höher.
Den kompletten Bilderbogen zu der diesjährigen Schrotteltour Herbst 2016 findet ihr direkt im Forum!
vdh - Orgacrew
Nach der erfolgreichen Teilnahme 2015 haben wir uns entschlossen, auch dieses Jahr wieder einen vdh-Stand auf dem größten Oldtimer-Markt des Nordens zu machen. Ihr findet uns auf dem Gelände E Stand 22-25. Wir freuen uns auf Bockhorn!
Thema der Austellung auf der Techno Classica in Essen vom 7. April bis zum 10. April ist Cabrio und Roadster. Wir stellen auf dem Gemeinschaftsstand mit den anderen Mercedes Clubs auf dem Mercedesstand in Halle 1 aus. Dort zeigen wir zwei Flachkühlercabrios, das Eine ist absolut Original und das Zweite ist mit Originalteilen und Wunschmotorisierung komplett neu aufgebaut worden.
Wie immer findet ihr dort vdh Ansprechpartner zu allen Themen, die auch neue Motorenkataloge präsentieren, alle anderen Teilekataloge werden natürlich auch vorhanden sein.
Ab Mittwoch ist es wieder soweit. Der vdh wird im Rahmen des Messekonzepts mit zwei Oldtimern auf dem offiziellen Messestandes der Mercedesclubs in Halle 7 zu finden sein. Die Messe findet statt vom 17.03. bis 20.03.2016. Wir sind in auch in Halle 9 vertreten Stand 9D72. Dort zeigen wir auch die aktuellen Nachfertigungen und den Stand der Dinge.
Flugangst ist keine Krankheit. Flugangst ist ein Leiden, bei dem die Hirnschale und deren Inhalt unter erheblichem Realitätsverlust leidet und weder für empirische Statistiken noch logisch-physikalische Grundlagen mehr zugänglich ist. Eigenen Untersuchungen zufolge beträgt die durchschnittliche Verweildauer eines Düsenjets auf der Startbahn 2405 Meter bzw. 49,2 Sekunden. Durchschnittlich wohl deshalb, weil es scheinbar schnellere oder langsamere Vögel gibt. Unsere ausgediente Boeing von United Airlines wurde beim Start glatt von einem Cityhopper auf der Parallelbahn abgeledert. Und das, obwohl wir 10 Sekunden früher die Turbinen losbrüllen ließen. Beim Abheben hatte ich zudem den Eindruck, als hätten wir den Planenaufbau eines vorbeidonnernden Lkws auf der A3 gestreift. Sollte der Pilot hernach tatsächlich versucht haben sich zu entschuldigen, wäre das akustisch gar nicht möglich gewesen, denn im Gegensatz zu U- und S-Bahnen wurde im Flugverkehr der selbstsprechende Lokführer noch gar nicht abgeschafft.
"Ello ihr spicht Kaptan Macbeth Megahigh: Wir fräu...en uns, daz zi Younight däd ehr leins gequält habben ..." rauscht es blechern durch den Kabinengang. Die Sätze zwei bis vier werden derart von einem kratzenden Unterton überlagert, dass selbst hochbegabte Sprachforscher hier der Sinn verwehrt bleiben muss.
Unser Captain scheint zudem über ein Xylophon zu verfügen, denn ab und an schreckt uns ein kräftiger hoher Ping-Ton auf, der in regelmäßigen Abständen durch die Beschallungsanlage geschickt wird. "Bittä angurten, wir erwarten heft dicke Turbo Tänzchen". Nach dieser Ansprache fliegen wir in der Regel ein bißchen Achterbahn oder küssen grandiose Luftlöcher. Seit neuestem wird auf Großbildschirmen turbulenzenbegleitend noch das Ausmaß des Rücken- Seiten- und Gegenwinds angezeigt. Meinen seriösen mathematischen Berechnungen zufolge war es unvermeidbar, dass wir um 20 Grad abdriften und in der Nähe von Haiti einschlagen würden. Ich habe darauf die Stewardess gebeten, mir ihre Rotweinbestände auszuhändigen.
Kurz vor der Landung wurden die Fluggäste mit einer längeren Ansage aufgescheucht. Ich war mir absolut sicher, ein Orakel aus dem Zwiegespäch zwischen Pilot Macbeth und Steward Franz herausgehört zu haben. Denn es klang so ähnlich wie: "Wirst sehen, sobald die zwei Deppen gelandet San Franz isco einziger gscheiter Mercedes mehr im Angebot!" Wolf hingegen behauptet, er hätte was von Bodenschwärmen mit Gleisbettverkantung in der Nähe von Frisco verstanden. Wer weiß, vieleicht schlägt ja Rotwein auch auf's Gehör ...
Knapp vierzig Fahrzeuge der Marke Mercedes liegen hier nördlich von Tracy über das notdürftig eingezäunte Arreal verteilt. Früher hätte man daraus sicher noch Kapital schlagen können. Doch nachdem der Schrottpreis für ausgebeinte Karosserien auf unter 20 $ gefallen ist, hatte der Besitzer jegliches Interesse daran verloren.
Also wurden besagte Pretiousen solange achtlos mit dem Stapler von einem Eck ins andere geschoben, bis wirklich das letzte Stück Blech unbrauchbar wurde.
Irgendwas werden wir bieten müssen, doch die Gefahr, dass wir hier sprichwörtlich leer ausgehen werden, besteht in diesem Fall im Grunde genommen sogar zweimal ...
Wolf hat sich am Hertz-Schalter tatsächlich wie ein Anfänger abzocken lassen. Während ich die Minivans auf schwarze Innenausstattung überprüfte, schob er gutgläubig seine Kreditkarte über den Tresen und ließ sich aber auch jeglich erdenkliche Zusatzversicherung andrehen, die man nur in einem Land verkaufen kann, indem man ernsthaft davon ausgeht, dass der Mensch ein reines Produkt seiner Umwelt sei und demzufolge für keinerlei seiner Handlungen haftbar gemacht werden kann.
In Summe war am Ende das Zusatzpaket 735 $ stark. Eine Art Tölpeltuning für Geistesabwesende auf interkontinentalen Nikotinentzug. Dafür haben wir jetzt - LIS - PAI/PAC - FUG/HERTZ und ROB/INN. Letztere schützt uns sogar vor Regressansprüchen von einfach strukturierten Autodieben, die sich beim Kurzschließen die Augen verblitzen oder aufgrund der Navisperre nicht nach Hause gefunden haben und nun mit einer fetten Blasenentzündung in den Nevada Hills umherirren ...
In unserer elfmonatigen Abwesenheit wurde das angemietete Storage geknackt. Wir waren angeblich nicht die einzige Unit, die es erwischt hat. Aber mit Sicherheit das einzige Makita-Großraumdepot westlich von Westmittelfranken. Es wurde nicht nur das gesammelte Werkzeug der letzten drei Jahre entwendet, sondern auch die Sicherheitsschuhe und verölten vdh T-Shirts der ersten Stunde. Von den fehlenden Altteilen ganz zu schweigen. Die Versicherungsfalle und die Plünderung schlug mir derart auf das Gemüt, dass ich auf dem Stocktoner Pick-a-Part in das nächste verfügbare Vehikel aus dem Hause General Motors gepinkelt habe. Erst in den Tank, danach ins Handschuhfach. Was solls: Dagegen müssten wir eigentlich versichert sein.
Unter uns: Es ging mir zwar nicht besser, aber die Welt fühlte sich etwas gerechter an. Morgen früh such ich mir einen Chevy Blaser und ...
Wir sind seit drei Tagen zu Gast bei Ralph. Er versucht mir mit bestem Rotwein und seinen unbestrittenen Kochkünsten den Weltschmerz aus dem Gesicht zu zaubern.
Ab und an ertappe ich mich beim Lächeln, lasse mich aber trotzdem relativ früh am Abend schlaf(wein)trunken ins Wasserbett gleiten. Ich träume extrem unruhig und wache alle paar Stunden schweißgebadet auf, um mich dann erneut in die Schlacht zu werfen. Ich räche mich unerbittlich an allen Chevrolets und Cadillacs, die ich allesamt in der South Bay versenke. Eins ist den Amerikanern nun klar, beim Werkzeugklauen hat bei mir der Spaß ein Loch ...
Das Problem mit den 116er Flügeln ist dreischichtig. Sie rosten, sind nicht mehr lieferbar und kleben derart an der Radeinbauoberkante fest, dass man bis zu drei Stunden damit beschäftigt ist, sie relativ unbeschadet von der Mumpe zu lösen. Heissluftfönen fällt mangels Steckdosen auf Open-Air-Schrottplätzen aus. Mit Bunsenbrennern erzeugt man auffällige Rauchschwaden und bekommt umgehend Besuch des geistig minderbemittelten, aber schwerbewaffneten Sicherheitspersonals. Eine Kombination, die zu schweren Ausfallserscheinungen in jeglicher Hinsicht führen kann.
Also hängt man anfangs in und auf der Kotflügeloberkante herum und versucht mit Teppichmessern und Dolchen die verkrustete Dichtbandmasse aufzuschnippeln. Später kommt dann zwangsläufig der Blechmeißel hinzu. Zu guter Letzt zählst du deine Schnittwunden, trabst zur Kasse und überreichst den Finderlohn. Wie gesagt, es gibt Momente, da bleibt man besser zuhause und übernimmt freiwillig den Abwasch oder man lässt sich eine nutzlose Zusatzversicherung aufschwatzen. ABER lassen wir das ...
Was hatten wir in der Fahrschule gelernt? Fahrzeuge werden dann rollunfähig, wenn sie mehr als einen Plattfuß aufweisen. Unverrückbar hingegen werden Autowracks, denen man alle Reifen amputiert und hernach auf Eisenklötze drappiert hat. Das ist auf öffentlichen Schrottplätzen hier in Californien der Normalzustand und extrem von der Tagesform des Gabelstaplerfahrers abhängig.
Wenn du Glück hast, hängt das automobile Schlachtvieh in Reih und Glied. Mit viel Pech hingegen kleben die Fahrzeuge aneinander, weil der Staplerfahrer in den nächstbesten Stapel hineingerauscht ist. Mit ganz wenig Fortune kannst du die Ware sehen, aber nicht öffnen. Dann bleibt nur die Variante schubsen, drücken oder umwerfen. Das heißt, man klemmt sich mit aller Gewalt zwischen die beiden Objekte und versucht einen davon von den Böcken zu stemmen. Einarmiges Reissen sozusagen für unverbesserliche Blechfreaks. Wenn du erwischt wirst, rufen sie den bekloppten Staplerfahrer. Der verlangt dann 43 $ fürs erneute ausrichten.
Um die 124er Coupé Fahrertüre aus den Angel zu heben, mussten wir den japanischen Nachbarn fast einen Meter weit lupfen. Wir hatten Glück. Der Toyota krachte erst von den Böcken, als wir die Türen schon Richtung Ausgang schleppten ...
Gerüchten zufolge sollte auf dem Windsorer Pick a Part ein guter 300er Turbodieselkombi aufgebahrt worden sein. Da wir eh nach San Francisco mussten, um Frank am Flughafen einzusammeln, wagten wir den Umweg von 130 Meilen und fuhren über Napa-Valley.
Natürlich war der Kombi schon vor zwei Wochen zu Blechwürfeln gepresst worden. Dafür spürten wir einen 123er Turbodiesel mit intaktem dunkelbraunen Armaturenbrett im Kiesbett hängend auf.
Leider hatte es hier in den letzten Tagen ausgiebig geschüttet. Also mussten wieder einmal genügend Ersatzreifen aus den umliegenden Fahrzeugen zusammengesucht werden, um eine Art Gehpfad um den umfluteten 123 zu bauen. Drei Stunden später standen wir mit zwei Türen, einem Kotflügel und einer rissfreien Instrumententafel an der Kasse. Der Typ an der Kasse hauchte 274 $ in die Runde und wollte wissen, warum wir nicht Super Bowl schauen würden? Ich antwortete: "Bowle und ähnlichen Quatsch gäbe es bei uns nur zu Silvester!" Daraufhin wollte er wissen, ob wir Russen wären. Ich schüttelte den Kopf und brummte, wir sind Lettlandfranken aus Putin. Er nickte verständnisvoll, zog unsere Kreditkarte durch den Schlitz, und meinte: Ach so, na klar ...
In Oakland hing doch tatsächlich ein AMG auf den Stelzen. Welches Kraut muss man eigentlich intensiv kauen, um ein solch seltenes Stück für 130 Dollar einer Wrecking Company zu übergeben? Zumal das Fahrzeug komplett und nicht einmal verunfallt war!
Die Innenausstattung war scheinbar noch gut gewesen, sonst hätte sich nicht jemand die Mühe gemacht und Sitze und Rückbank fein säuberlich ausgebaut. In Zeiten von Internetplattformen und automarkenspezifischen Foren muss man doch geistig völlig umnachtet sein, solch ein Fahrzeug zum Einheitspreis einem Junkyard zu übergeben. Oder dachte der Besitzer dass AMG für All Money Gone stehen würde.
Wir haben trotzdem noch etliche AMG-spezielle Features fein säuberlich abmontiert. Nur den Motor bekamen wir transporttechnisch einfach nicht mehr gestemmt. Da bei AMG die Steuergeräte bekanntlich mit dem Motor kommunizieren, haben wir sie sicherheitshalber eingesackt und folgende Nachricht auf die Maschine geklebt:
"Hallo, falls jemand den Motor doch noch ausbauen sollte, call 725 400 9034. Wir haben nämlich die Software für diese Maschine eingesackt. Damit wäre der Zeitpunkt gekommen, an dem wir uns irgendwie einigen müssen. Denn eins ist klar: Nur gemeinsam sind wir stark ..."
Unzweifelhaft ist dieser Tag auch noch nach jahrelanger Schrottelerfahrung ein besonderes Highlight für jeden vdh-ler. Auch wenn vorbereitendes Schlachten (sogenanntes Prepullen) absolut verboten ist, kommt man nicht umhin, einen Tag vorher das Gelände zu sondieren. Aber aufgepasst: Der absolute Supergau ist hier auch noch vierzehn Stunden vor dem Ansturm am nächsten Morgen möglich. Und zwar exakt dann, wenn der Caterpillar samt Fahrer am späten Nachmittag ausrückt und genau die Reihe abräumt, in der du die vorher abmontierten Teile gebunkert hast.
Als absoluter Glücksfall erwies sich der Umstand, dass das neue Makitapaket gerade eingetroffen war und ein 250er Strich-Acht-Coupé auf den Böcken mit zwei brauchbaren Seitenteilen hing. Während Wolf und Frank sich durch die Blechstruktur des Zweitürers schnitten, sammelten Ralph und ich großflächig alle brauchbaren Rückleuchten der hier abhängenden Mercedesflotte zusammen.
In der letzten Reihe schien vor kurzem sogar Frischblech aufgebockt worden zu sein, denn die Fahrzeuge verfügten alle noch über sämtliche Embleme und Typenschilder. Kopfschüttelnd standen wir vor einem topgepflegten 2.6er Baby Benz mit gerade mal hunderttausend Meilen. Vollgepfropft mit allen erdenklichen Extras. Selbst die grauen Türverkleidungen hatten noch keine 201er-typischen Blähungen. Eigentlich war es ein absoluter Frevel hier nur die Türen mitzunehmen, doch jemand hatte schon angefangen im Innenraum die Holzverblendungen herunterzuhebeln.
Zum vorausschraubenden Ende hin hatten wir sogar zwei Geheimdepots angelegt, wurden aber auch schon argwöhnisch von dem Yardpersonal beobachtet. Vor allem der Gapelstaplerfahrer beäugte skeptisch unser Treiben und heftete sich auffällig, aber relativ ungeschickt an unsere Fersen. Was letztendlich kein Problem darstellte, denn wir behielten ihn unsererseits ja auch im Auge. Vor allem sein Abräumgefährt verfolgten wir auf Schritt und Tritt ...
Wer Termine mit dem Early Bird ausmacht, sollte tunlichst am Vorabend keine Rotweinverabredungen mit dem Nachtschwärmer treffen. Demensprechend gerädert haben wir uns in aller Herrgottsfrühe vor dem Eingang des Stocktoner Pick A Part positioniert, um auf jeden Fall noch eine zweirädrige Schubkarre und eine dieser selbstgebauten Idiotenkonstruktionen names Trolly zu ergattern. Eine Art Einkaufswagen für Blöde, der leer genauso wenig schiebbar ist, wie voll. Der einzige Vorteil an diesem Gefährt ist, dass deine meist mexikanischen Mitkonkurrenten eine fertig beladene Fuhre als verlorenes Diebesgut betrachten und nicht mehr anrühren.
Da sich die Foreign-Vehicle-Section exakt am anderen Ende des Schrottplatzes befindet, hätten sich die Jungs an der Kasse eigentlich wundern müssen, wie jemand in der kurzen Zeit bereits mit zwei herausgetrennten Seitenteilen, zwei 126er Kotflügeln und 10 Rückleuchten den Half-price-day einläuten konnte!
Um elf Uhr standen wir mit der zweiten Fuhre erneut am Kassenhäuschen. Diesmal mit acht Türen, zwei weiteren Kotflügeln, Lenkrädern, Kopfstützen und diversem Sperrgut. Eben alles, was man absolut nicht hinter die Türverkleidungen stopfen kann. Wir hatten die Fuhre in knapp 30 Minuten bei sengender Hitze ungefähr achthundert Meter weiter die Schrottreihen entlang geschleift. Einer lief mit dem Werkzeug voran, dann schleppten zwei die Türen hinterher. An der Kasse waren wir völlig ausgepumpt und tropften aus allen Poren. Der Typ hinterm Tresen meinte, anfangs hätte er gedacht wir hätten pregepullt, aber so wie wir schwitzten würden, wären wir vermutlich eine Akkordschraubertruppe. Unsere Mercedes-Benz Kundendienst T-Shirts bestätigten dies offenbar. Bekanntlich steht man ja hier auf solche Heldengeschichten. Beim dritten Schwung hatten wir summa summarum 842 Dollar umgesetzt und die Reihen erheblich ausgedünnt.
Übrigens: Wir wollten dem Staplerfahrer ja nichts Böses, deswegen haben wir den Zündschlüssel für den Caterpillar trotz schweren Herzens in die Mittelkonsole des 190ers aus der letzten Reihe gelegt ...
Wie plant man eine Wochenend-Tour über Los Angeles, wenn man sowohl in San Diego, als auch in Phoenix Blechteile laden muss und nur über ein Leihauto mit begrenztem Ladevolumen verfügt?
Ehrlich gesagt, in hiesigen Gefilden gar nicht! Man fährt einfach drauf los und schaut was passiert. Wenn alles gut läuft, ist man nach knapp 3.500 Kilometern wieder retour in Stockton und hat cirka drei Tonnen Blech im Handgepäck.
Also machten wir uns auf den Weg Richtung Ventura. Natürlich haben wir den ein oder anderen Pick A Part als Zwischenstopp genutzt. Wolf könnte rauchen und wir Schrott angucken gehn. So war zumindest der Plan.
Dann standen wir plötzlich vor einem 107er und einem Zweitserien Strich-Acht mit brauchbaren Kotflügeln und die Planung hatte sich grundlegend geändert. Jetzt hatten wir zusätzlich drei Kotflügel und eine Fahrertüre im Reisegepäck. Von den Kleinteilen wie Kopfstützen und Armlehnen mal ganz abgesehen. Also musste ein außerplanmäßiger Zwischenstopp in Santa Paula hinzugefügt werden, um dort die Ladung zwischenzuparken. Die würden wir dann am Rückweg über Phoenix wieder einpacken. Vier mal 63 Meilen. Das ist hier gar nichts. Around the corner eben. Außerdem ist Daniels Werkstatt jedesmal eine Augenweide. Was sich hier an 111er und Pagoden tummelt, zeugt von sehr guter Reputation ...
Der Ecology Pick-a-Part in Chula Vista präsentierte sich wie immer mit starker Mercedes-Präsenz. Knapp 40 Fahrzeuge mit Stern hingen hier in Reih und Glied. Unter anderem fanden wir zwei 560 SL, ein 123 CD Coupé und zwei 108er, sowie die gewohnte Armada an 124, 126 und 201ern. An dem einen 107er waren bereits zwei Mexikaner zugange und trennten das hintere rechte Seitenteil heraus. Da noch Kotflügel und Aluhaube dran hingen, boten wir den beiden einen Deal an. Wir bekommen die Haube und sie dafür leihweise unseren Makita-Blechmeißel.
Am Ende hatten wir Steuergeräte, Verdeckkastendeckel, Haube, Flügel und die begehrten Chromabdeckungen der B-Säulen. Es folgten noch vier 126er Flügel und eine Beifahrertüre, um die Kleinteile zu verstauen. Glücklicherweise hatten wir die Reisekoffer bei Daniel gelassen, sonst wären wir bereits wieder hoffnungslos überladen gewesen.
Wir hatten übrigens im Vorfeld den vierten Leihwagentausch von Dodge auf Nissan über Kia in Chrysler Town und Country vorgenommen. Denn: Dodge Caravans oder die gehobene Luxusvariante von Chrysler sind die von uns begehrten Minibusausführungen, mit in den Boden versenkbaren Sitzen. Nur diese Fahrzeugvariante erlaubt Türen sogar hochkant zu laden. Die 107er Motorhaube hingegen war Verpackungsneuland für uns. Die muss man tatsächlich auf den vorderen Kopfstützen zwischenlagern, die abgeschraubten Fahrzeugtüren drunterschieben, dann kann man am Ende die komplette Ladung quasi deckeln.
Ich bin mir nicht sicher, ob das den deutschen Ladesicherungsgepflogenheiten standhalten würde, aber dagegen müssten wir hier eigentlich versichert sein. Hertzliche Grüße an das rundum Sorglospaket des Herrn Bonitz ....
Die Idee, die Abkürzung durch die Berge zu nehmen, entpuppte sich als fataler Zeitplankiller, denn wir steuerten in einer der endlosen Serpentinenkurven geradwegs auf einen kurzen 230er zu. Die anschließende Kehrtwendung samt Kontaktaufnahme mit dem Besitzer führte aufgrund mangelnder greifbarer Fahrzeugpapiere zu einer Vollschlachtung unter erschwerten Bedingungen. Denn erstens hatte sich die Flosse über die Jahre regelrecht in das Erdreich eingebuddelt und zweitens schien ein Stinktier ernsthaft um seine langjährige Behausung unter der rechten Achshälfte kämpfen zu wollen. Da die Flosse die ultraseltene 110er Servolenkung, Colorverglasung und Warnblinkvorbereitung werkseitig vorweisen konnte, nahmen wir ein vorsichtiges Hinweglocken des Skunks mitsamt dem Risiko des Totalausfalls bei Sekretabsonderung in Kauf. Denn der Gestank ist langanhaltend und äußerst intensiv, sprich eine anschließende Verladung der abgebauten Teile wäre unmöglich gewesen.
Genau aus diesem Grunde hatte der Farmer auch auf Vorkasse bestanden und erst nach Übergabe von Barem die Vertreibung, unter Zuhilfenahme von Besen und Spritzschutzlappen, in Angriff genommen. Der Akt zog sich trotzdem fast eine dreiviertel Stunde in die Länge. Hätte der schwarzweiße Zottel die Sprühdose ausgepackt, hätten wir mit leeren Händen abziehen müssen. Also haben wir geräuscharm erst die linke Seite samt Kofferraumdeckel gesichert. Dann rückte der Farmer mit strammer Eisenkette an und riss den Flosserich brutal aus dem Erdreich.
Fragt uns nicht, wie wir anschließend weitere vier Türen, die beiden Kotflügel, die Servolenkung, das Heckblech und den Deckel noch in das Hertzmobil bekommen haben. Teiletetris mit Taschenlampe im Minivan. Der Farmer wollte wetten, wir wollten seinen Leichtmut nicht ausnutzen. Glaubt mir, er hätte alles verloren ...
Unsere nächste Anlaufstation hieß Beisa Nikolich. Ein Serbe, der im südlichen Teil von Phoenix einen reinen Ebayladen betreibt. Sein Haupterwerb ist der Verkauf von neuen Sitzen aus den Mittelreihen von Minibussen. Irgendwie hat er einen Deal mit einer Umbaufirma hinbekommen, die täglich 15 Minibusse behindertengerecht umrüsten und die Seitentüren auf Rollstuhlbesteigung umbauen. Die nagelneue zweite Sitzreihe fällt dann sozusagen als Abfallprodukt an. Ansonsten schlachtet er vorwiegend 107er aus und verkauft die Kleinteile über das Internetportal.
Ich hatte ihn angeschrieben, da ich über einen rostfreien Pontonkotflügel im Netz gestolpert bin, der 175 $ kosten sollte. Meine Frage war einfach und knapp: "Hast du mehr von dem Zeugs und wird es im Paket billiger?" Er antwortete zweimal mit ja. Die 500 Meilen lange Strecke ging mitten durch die Sandwüste von Yuma, den Kumeyaay-Highway an der Mexikanischen Grenze entlang. Obwohl wir keinen Zwischenstopp eingelegt hatten, kamen wir nicht mehr rechtzeitig am vereinbarten Treffpunkt an. Der Ponton am Eingang und das abgeschnittene Heck waren eindeutige Zeichen, dass wir uns nicht verfahren hatten. Und unsere Neugierde konnten wir zumindest mit einem Blick über den Zaun stillen ...
Am nächsten Morgen waren wir pünktlich. Die Tour über das Areal war die lange Reise wert. Beisa vertickerte wirklich, aber auch wirklich alles, was kleiner als einen halben Meter war, übers Internet. Türen, Kotflügel, Motorhauben und Heckdeckel passten da nicht in sein Beuteschema, da sperrig, unhandlich und nicht so ohne weiteres verschickbar. Hier trafen zwei absolut passende Puzzleteile zusammen. Die vdh Großblechtruppe aus Ornbau und der Kleinteil-Ebayaner in Phoenix. Als wir noch anboten, Karosserieteile aus den Schlachtruinen herauszutrennen, war das Eis gebrochen. Wir türmten und häuften. Er senkte und rabattierte. Am Ende waren es 42 Türen, 7 Motorhauben, 18 Kotflügel, 5 Heckdeckel, 25 herausgetrennte Radeinbauten, Heckflügel etc. zwei späte verstärkte 107er Achsschemel, eine 4.5er Hinterachse und etliche Kopfstützen und Mittelarmlehnen, da die in Ebay nicht laufen würden.
Übrgiens. Den 190 SL hatten wir nicht geschnitten. Der war schon platt. Da hat sich ein Magerblutschrauber daran versucht, einen Chevymotor einzupflanzen und eine Spurverbreiterung herauszutrennen. Beisa meinte, den sprüht er schwarz an und stellt ihn dann in Ebay. Das wären die einzigen Sperrteile, die er einstellt, sofern sie rollen. Als wir mit dem vollbeladenen U-Haul Truck fortfuhren, stand das Gebot bereits bei 4.900 $, der Käufer scheint abgesprungen zu sein, denn er steht bereits wieder zum Verkauf ...
Für diese Ladung hatten wir uns ausnahmsweise für einen 17feet Moving Truck von U-Haul entschieden. One way und 875 Freimeilen versprach der Vertrag bei Rückgabe des Vehikels innerhalb von vier Tagen in Stockton. Jede weitere Meile würde dann 0,30 Dollar kosten. Letzteres sollte wohl eher als Witz verstanden werden, denn das ist ein Bruchteil dessen, was der Ford 350 Economy-Truck sich an Sprit dafür reinzog.
Econoline (Nullausstatter ohne Klima und Fensterheber), dafür Benziner in Automatikausführung mit Spritverbrauchsanzeiger im separatem Kästchen auf dem Armaturenbrett, welcher außer im Stand bei nicht laufenden Motor niemals den roten Bereich verlässt. Weder an Ampeln, bei Fahrten im Windschatten und auch nicht bei Rückenwind. Nicht einmal bei waghalsigem Bergabfahren bei 12 prozentiger Steigung hatte ich den Zeiger in den grünen Bereich links manovrieren können. Völlig gefrustet habe ich kurzerhand den Ganghebel auf "neutral" bugsiert und bin die 12 Meilen kurz vor Bakersfield im Leerlauf hinuntergedonnert. Da ich dummerweise die Motorbremse damit ausgehebelt hatte, benötigte ich teilweise mehrere Spuren und schruppte nicht unerheblich Material von den Bremsklötzen. Auch hatte ich absolut keine Ahnung davon, was passieren würde, wenn man den Hebel kurzerhand wieder auf "D" einrasten lässt. Also bin ich zwangsweise den Berg mit glühenden Bremstrommeln (ja Bremstrommeln im Baujahr 2013) hinuntergehopst. "P" und "R" waren ja bei dieser affenartigen Geschwindigkeit ohnehin keine Option, obwohl ich diese Möglichkeit aufgrund der aufkommenden Unruhe auf dem Beifahrersitz kurzfristig in Erwägung gezogen hatte. Zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Runaway-Rampe passierten, waren wir bereits viel zu weit nach links abgedriftet und auch noch damit beschäftigt, an leichteren Autos vorbeizufliegen. Als wir mit rauchenden Reifen endlich am Fuße des Berges ankamen, bewegte sich der Economy-Zeiger doch noch ein klein wenig nach links.
Wir hatten tatsächlich den U-Haul Rekord gebrochen. 83 Meilen pro Stunde bergab mit Punktlandung im grünen "Economy"-Bereich ...
Die Fahrt von Los Angeles über Santa Paula nach Stockton geriet zur Nachtschicht. Ich glaube, es war 2 Uhr morgens als wir endlich an der West Lane ins La Quinta einchecken konnten. Dann am Morgen der nächste Schock. Irgendwer hatte in den frühen Morgenstunden die hintere Seitenscheibe des Minivans zertrümmert und versucht ins Leihauto einzusteigen. Wolf hat es als Erster, während der Morgenzigarettentoilette, bemerkt. Wie bereits erwähnt, hatten wir ja noch ne straffe Türenladung in der "Bruchbude", samt besagter Alumotorhaube des 107er SL. Ich weiß ja nicht, welche Erwartungshaltung ein gemeiner Autodieb von einer Leihautobeladung hat, doch die Kopfstützen und Mittelarmlehnen, die er da rauszog, konnten nicht deckungsgleich mit dem Beuteschema in Touristenfahrzeugen sein. Geschweige denn das kalte, mit Morgentau überzogene Kotflügelblech, das seine Langfinger ertasteten.
Trotzdem war die Fuhre nicht mehr ganz komplett. Wir waren sprachlos. Erst das Storage, dann diese Scherbennummer. Völlig gefrustet stapften wir in Arbeitskleidung zur Rezeption und wollten wissen, was denn jetzt zu tun sei. Die Managerin ging in die Knie und kramte irgendwas aus den Regalfächern unterhalb des Tresens hervor. Tauchte nach einer Weile wieder auf und schob uns, ohne eine Miene zu verziehen, eine volle Rolle Klebeband plus eine zusammengefaltete Plastiktüte mit der Anmerkung über den Counter: "It is supposed to rain today". Mir entglitt ein: "Isn´t it?"
Frank fügte noch spontan ein: "Thanks a lot" hinzu! Daraufhin bekamen wir ein rhetorisches "You are welcome" mit auf den Weg.
Der zweite telefonische Kontakt mit der Hertz Notrufzentrale, brachte zutage, dass ohne einen Police-Report gar nichts mehr geht. Also das Polizeihauptquartier von Stockton ergoogelt und den Undersheriff (diese Berufsbezeichnung gibt es wirklich) ans Telefon bekommen. Dieser teilte uns mit, dass wir besagten Police-Report selbst online auszufüllen hätten. Die naive Frage, ob denn dann einer vorbeikommen würde, wurde mit einer Gegenfrage "anybody hurt?" beantwortet. Ich schmiss "maybe mental" in die Runde. Er antwortete: "That´s a good one" und legte auf.
Um weitere dumme Fragen der Hertzangestellten zu umgehen, fuhren wir mit geklebter Scheibe erst einmal zum Containerladeplatz und entluden das Leihauto. Danach machte sich Wolf auf den Weg, um das Leihauto umzutauschen. In der Zwischenzeit kümmerten wir uns umd die komplette Phoenixladung aus dem U-Haul Truck. Die Stimmung besserte sich allmählich, bis Wolf mit einem Kleinwagen auftauchte, weil der Hertzangestellte dachte, wir könnten eben mal nach San Fransisco fahren und uns dort selbst um Ersatz kümmern. Das einzig gute daran war, dass ich meine Bluthochdruck-Sonderration für diesen Schrottelalltag noch nicht eingeworfen hatte. Also schnappte ich mir wortlos den Autoschlüssel samt Kasperlmazda und fuhr persönlich nach Hertz ...
Der Container sollte um 8 Uhr morgens in der East Oak Street eintreffen. Also machten wir uns bereits um 6.45 auf die Socken, denn ein Teil des Zauns samt seiner Außenblechbeplankung musste noch abmontiert werden, damit für die eiligst freigeschaufelte Containerfläche eine Art Sondereinfahrt zur Verfügung stand. Die musste dann umgehend mit eigenen Fahrzeugen blockiert werden. Dazu muss man wissen, dass die Oak Street, wie die meisten Straßen des inneren Stocktoner Zirkels, als Einbahnstraße konzipiert wurde. Zudem verläuft eine Längsseite des Platzes direkt neben den Bahngleisen einer massiv befahrenen Güterbahnstrecke entlang. Es ist unglaublich, mit welch ohrenbetäubendem Lärm die Rangierloks. die teilweise mit 250 bis 300 Wagons bestückt sind, das Gelände ganztägig unter Geräuschsmog setzen. im Schnitt betätigt hier ein einfach strukturierter Lokführer das Horn an die zwanzig Mal. Eigentlich immer dann, wenn sie unmittelbar neben dem Zaun vorbeidonnern. Ich hab mich daraufhin irgendwann einmal schlau gemacht. Die Vorschrift lautet, drei mal an jedem unbeschrankten Bahnübergang. Der hier aber hatte Schranken. Entweder sind die Jungs allesamt bereits taub, haben an den letzten fünf unbeschrankten Übergängen das Hupen vergessen und sind quasi unterhupt und holen das hier sicherheitshalber nach, oder die Hörner haben einen Wackelkontakt und tröten selbstständig vor sich hin, sobald sie einen x-beliebigen Bahnübergang kreuzen. Ich hege ja immer noch den Verdacht, dass sich der Zugführer mit der Hupenstrippe erhängt hat und seit Wochen hier unbemerkt seine Kreise zieht.
Zehn vor Acht hörten wir dann tatsächlich den LKW vorbeirauschen. Vier nach Acht zum zweitenmal. Doch da standen wir schon mit den Händen rudernd in der Noteinfahrt. Der Truckdriver war noch jung, keine 30 Jahre alt und weiblich. Das Rückwärtsfahren probierte das Mädel zum ersten Mal aus. Anfangs rasierte sie noch die Bäume ab, später die Straßenverkehrsordnung. Denn nach ein paar weiteren missglückten Versuchen rückwärts die Einbahnstraße hochzurangieren, fuhr sie zielstrebig bis zur nächsten Kreuzung, vollzog eine nicht einfache Volldrehung und wartete dann seelenruhig und warnblinkend, mit der Schnauze gegen den Verkehr gerichtet, auf die nächste sich nähernde Rangierlok.
Bevor überhaupt der Wiederhall der Sirenen einsetzte, kam sie bereits entgegen der Einbahnstraße hochgestochen und nutzte die zwangsverkehrsberuhigte Zone jenseits der Bahnschranken. Sie hatte nun exakt 289 Güterwagons Vorsprung und zog tapfer den überlangen Truck tief in den Windschatten der vorbeidonnernden Wagonburg hinein. Unsere anfängliche Skepsis war völlig ungegründet, denn sie rangierte den Tross nahezu perfekt, ohne einmal absetzen zu müssen, in das enge Areal. Wir klatschten anerkennenden Beifall. Sie versprühte ihr Amateurglück mit derart viel Charme, dass wir sogar nach dem Abkoppeln des Trailers an der Ausfahrt Spalier standen. Als wir die Tore wieder verschlossen, rollten immer noch Eisenbahnwagons wie Perlen auf der Kette aufgezogen an uns vorbei ...
Gestern nachmittag hatten wir bereits die erste Fuhre Holzbalken besorgt und das Grundgerüst für die erste Türenreihe genagelt. Das System ist einfach. Die Querbalken haben Überlänge und werden mittels Zwangspressung zwischen die Containerseitenwände geprügelt. Dann werden die vorgesägten Stützen daruntergeschoben und miteinander vernagelt. Ein ernsthaftes Problem stellt eigentlich nur das Temperaturgefälle von bis zu 40 Grad im Containerinnenraum dar. Die Sonne heizt tagsüber unbarmherzig den Stauraum hoch. Man fängt gehörig an, nach Luft zu schnappen, sobald man auch nur in die Nähe der Containerdecke gerät. Das ist Schwerlastwerkeln ohne Hitzeschutz, Frank hat diesen Job mit Bravour bestanden. Du trocknest regelrecht aus und kämpfst solange stur vor dich hin, bis du anfängst von Schneestürmen und Eishagel zu träumen. Da kam uns der S-Ponton gerade recht, der drei Straßenzüge weiter zum Verkauf stand. Das Problem war hier sprachlicher Natur, denn der pakistanische Besitzer sprach kein Englisch. Woraufhin die Verkaufsverhandlungen des öfteren ins Stocken gerieten. Das eigentliche Problem war, dass wir enorm unter Zeitdruck standen und keine Ahnung hatten, wie hoch der Verkaufspreis war, ob die Fahrzeugpapiere vorhanden waren und ob die vier Plattfüsse nur Standplatten sind. Es gab nur zwei Möglichkeiten, entweder der Deal ging jetzt und heute vonstatten, solange noch genügend Platz zum Reinheben vor dem Container war. Im Extremfall würden wir, sofern es tatsächlich keine Papiere gibt, den Olddaimler im Akkord Notschlachten und in Einzelteilen auf die Reise schicken. Also malten wir Ziffern und Dokumente in den Sand, verwischten die Angebote oder machten Häkchen. Den ersten Haken setzten wir hinter das Dokumentenbild. Nach weiteren drei Metern Sandmalerei wurden wir uns tatsächlich handelseinig. Byron erledigte souverän den Rest. Den einarmigen Transportanhänger werde ich wohl später mal beschreiben. Ich weiß nur, dass man uns in hiesigen Gefilden mit einer derartigen Abschleppvariante einfach wegsperren würde, nein müsste, denn das Ding ist unrangierbar und im höchsten Maße lebensgefährlich. Nicht für Byron, der rangiert damit rum, als wäre es ein Einkaufswagen. Obwohl sich bei diesen Dingern ja auch nie alle Räder gleichzeitig bewegen ...
Für heute und morgen war tatkräftige Mithilfe von Christian angesagt. Er arbeitet befristet noch bis August im Silicon Valley und hatte seine Mithilfe übers Forum angeboten. Wir hatten bereits den frisch gekauften Ponton seiner Innenausstattung entledigt und ihn mit den sperrigsten Schnittteilen bis unters Dach vollgestopft. Auch der 123er Kombi war präpariert, nur der Gabelstapler bekam die Teile einfach nicht gewuppt. Christian kam gerade zur rechten Zeit. Er war noch völlig frisch und verfügte deswegen auch noch über eine wohltuende Stressresistenz. Unser Neuankömmling beäugte die vorhandenen Grundkomponenten und hatte dann die zündende Idee, wie und womit wir den ausgeliehenen Stapler mit den viel zu kurzen Gabeln dazu überreden konnten, die beiden Fahrzeuge in den Container zu hieven. Er bastelte uns unaufgeregt eine Art Andockstation aus Spanngurten, die vorne längs und quer über die Quertraversen der Fahrzeuge derart logisch verschlungen waren, dass wir die ungeheuren Drehkräfte, die beim Anheben hinter der Stirnwand entstanden, überwinden konnten. Am Ende war es trotzdem ein total nervenaufreibender Kraftakt, die beiden Fahrzeuge ohne Karambolagen in den Container zu bugsieren. Dreiviertel des Jobs war damit erledigt. Dachten wir zumindest ...
Egal ob du Motoren per Hand in den U-Haul oder Achsen über Kreuz in den Container heben musst. Der mit Abstand schwierigste Part der Containerbeladung ist die Verklappung des gesammelten Kotflügelfundus. Das ist kein Job für zartfühlige Blechstreichler, sondern für Jungs außerhalb der beulenfreien Zone. Es kostet gehörig Überwindung, aber irgendwann ist der Zeitpunkt im Container gekommen, ab dem man das blecherne Quietschen einfach überhört und stur die Lampentöpfe mit Nachdruck weiter ineinandergeschiebt. Das Ladeprinzip bei Kotflügeln und Seitenteilen beruht auf Quetschpassung, Gewichtsträgheit und Klemmspreizung. Das musst du dir immer wieder ins Gedächtnis rufen. Ansonsten hätte der Kotflügelklumpen nicht den Hauch einer Chance, bei dreißig Meter hohen Wellen durch die stürmische See zu kommen. Da hilft nur drücken quetschen, verkeilen. Auch wenn das Knarren, Quietschen und Schaben der Blechteile bis tief in den Yard hinein zu hören ist.
Am Ende hatte Frank knapp 100 Kotflügel in den entstandenen Freiraum gewuchtet, der sich überhalb der Motorhaube und dem Kofferraum der beiden hintereinanderstehenden Fahrzeuge auftat. Die anschließende Türenreihe über dem Pontondach hatte dann fast schon Erholungswert. obwohl Coupétüren hochwuchten zu den weniger attraktiven Ladeübungen zählt. Eigentlich hatten wir die Containertüre schon in Sichtweite und schickten Wolf los, die letzte Fuhre Vierkanthölzer zu besorgen. Da kam die nächste Hiobsbotschaft. Das Leihauto wurde schon wieder aufgebrochen. Doch dieses Mal war alles weg. Das Laptop, die Koffer mit allen Klamotten, das Navi, sogar die Kulturbeutel, alle Schrottplatzrechnungen, Reisepässe, eben alles halt.
Wenn du einmal beklaut wirst, hast du einfach Pech gehabt. Kein Thema. Der zweite Überfall hinterlässt seelische Brandblasen, doch beim dritten Mal zieht es hinter der Schädeldecke wie Hechtsuppe. Und zwar gewaltig. Es beginnt mit einem harmlosen Augenbrauenflattern, welches von einem barocken Tinnitus in allen Gehörgängen begleitet wird. Dann schwellen die Kämme, der Hals und die Nüstern. Aber nur für eine geringe Zeit, denn kurz bevor man die ersten Ausfallserscheinungen an den Tag legt und völlig abdreht, schüttet die Zirbeldrüse gehörige Dosen Melantonin in dich hinein. Diese Phase nennt man wahrscheinlich "das Gesicht ausschalten". In diesen kurzen Ruhepausen des Gehirns glaubt man tatsächlich wieder an Dinge wie "die zehn Gebote" oder "an 2000 Jahre abendländische Kultur". Dann geht das Ganze wieder von vorne los. Nur dass die Hirnströme zwischen den Amplituden gefährliche Grenzbereiche entdecken. Zwischen der dritten und fünften Gefühlswelle soll ich angeblich in einen Reifen gebissen und "stirb du Hurensohn" geschrien haben.
Irgendwann habe ich mich wieder beruhigt und begriffen, dass wir nur noch die völlig versauten Klamotten am Leib, ein funktionierendes halbleeres Smartphone, die Makitatasche im Container und zehn Flaschen Mineralwasser hatten. Der Rest war weg. They tatsächly fuggt the Fuggers! Also habe ich wieder den Sheriff angerufen. Und bin erneut zum Online-Report verdonnert worden. Diesmal mit Mobilfon. Anfänglich hatte ich noch nach einer Kundennummer gesucht. Doch die gibt es erst ab fünf Einträgen. Also erneut den passenden Fall gescrollt und die aufkommenden Fragen beantwortet. "Who are you?" - Are you african american or african african, or asian, or american indian or indian indian (... das ist wahrscheinlich ein Inder, der mit einer Indian durch Indien fährt). Den Volksstamm European gab es nicht. Also hangelten wir uns durch die Vorschläge bis am Ende das Kästchen "White" zum ankreuzen einlud. Pfff!! Glück gehabt. Wir fallen offensichtlich unter den Rassenbegriff "Weisse". Und hierbei kommt kein kontinentaler Ansatz zum Tragen. Also haben wir brav die richtige Hautfarbe angeklickt und unter der Rubrik "Any further comments?" noch "What a shit" hinzugefügt und hoffnungsfroh auf "senden" geklickt.
Da standen wir also. Mit eingeschlagener Scheibe und einem völlig ausgeplünderten Leihauto und gedrücktem "Send" Button. Fünf Minuten, zehn Minuten. Ich weiß nicht, ob ich insgeheim auf einen Hubschrauber gewartet habe, auf jeden Fall fingen die Augenbrauen schon wieder gewaltig das flattern an. Also habe ich erneut den Sheriff angerufen. Als er abhob, wollte ich wissen: "Did you receive our Online Report?" "Not right know, but I will get in touch with you during the next four od five days." Okay dachte ich mir und versuchte in Erfahrung zu bringen, was wir denn in der Zwischenzeit zu tun gedenken sollten. Er meinte: "You can go!" Ich frug: "Wohin?" Er sagte. "Where ever you want!" Also fuhren wir los und ließen den Tatort, Tatort sein. Nach der dritten Querstraße wollte Frank wissen, welches Ziel wir denn ansteuern würden? Ich meinte, keine Ahnung, der Sheriff hat gemeint wir sollten los ...
Irgendwann gelangt jeder einmal an einen Punkt, an dem er sein Handeln, den Sinn des Lebens und das Warum und Weshalb der genzen Lebensgeschichte hinterfrägt. Besonders hinterfotzig ist es, wenn man die Sinnkrise inmitten eines 40 Fuß Highcube Container durchlebt, an dem gerade eine Güterlok vorbeirauscht, dessen Signalhorn rhythmisch die Blechwände zum Vibrieren bringt, auf dass man keinen klaren Gedanken fassen kann. Diesem Umstand, dieser surreallen Lebenssituation ist es zu verdanken, dass wir nicht alles hingeschmissen haben, als Wolf uns mit der brutalen Tatsache konfrontierte, dass auch der Pink Slip (KFZ-Brief) des Pontons bei dem Überfall mit abhanden gekommen ist.
Daraufhin musste ich mich erst einmal setzen und tief Luft holen. Da ich mich, wie gesagt, gerade im Container befand, konnte ich weder um mich treten, noch irgendetwas an die Wand werfen, denn es handelte sich ausschließlich um Mercedes Oldtimer Teile, die sich in greifbarer Nähe befanden. Also fing ich eine Rangierloklänge an zu fluchen und Dinge zu schreien, die mir meine Mutter allesamt verboten hätte. Bei dem ohrenbetäubenden Lärm hat zwar kein Außenstehender auch nur einen Ton verstanden, aber das war auch gut so. Denn das Wehklagen enthielt Morddrohungen, Verwünschungen und klassisch altfränkische Voodosprüche, die, sollten sie sich erfüllen, verheerende Folgen für einen bestimmten Landstrich im nordkalifornischen Central Valley zur Folge gehabt hätten. Byron der Yardowner konnte das Elend einfach nicht mehr mit ansehen und versprach, mir einen Reporter heranzuschleppen, bei dem ich meine Wut über die offensichtlichen Missstände in dieser Bezirkshauptstadt artikulieren könnte. Der besagte Herr unterhielt auch eine Kolumne in den Stockton News und würde den Fall unter Umständen zu Papier bringen. Wir willigten ein. Gaben aber weder Garantien noch irgendwelche Zusagen über sachlich fachliche Abläufe während des Interviews ab.
Keine Fahrzeugpapiere, keine Verschiffung! So einfach war die gnadenlose Logik in diesem speziellen Fall. Also bauten wir stumm den Käfig zurück und entluden den 57er 220 S, schlachteten ihn aus und zerflexten die Rohkarosse in ihre Bestandteile. Das ist die Höchststrafe, der absolute Tiefpunkt einer missglückten Ladung. Da bleibt man stumm, da spricht man nicht, da werkelt man. Am späten Nachmittag kam tatsächlich Michael Fitzgerald, seines Zeichens Reporter der Stockton Records, und hörte sich an Ort und Stelle die Geschichte der "Triple ripped ones" an. Er nahm sich Zeit, zeigte Ohr und hatte wirklich Interesse an der vermaledeiten Geschichte. Ab und an hatte ich ihn sogar zum Lachen gebracht. Das gab mir Hoffnung. Scheinbar war der Sinn des Schrottelns noch nicht ganz verloren ...
Mittlerweile lief das Notfallprogramm auf vollen Touren. Morgen früh um halb Acht erwartete man uns im deutschen Konsulat in San Fransisco. Das Problem der fehlenden Reisepässe sollte dann beseitigt sein. Außerdem hatten wir einen Termin mit der Shipping Company ausgemacht, da Jay Wu - unser Special Agent - felsenfest davon überzeugt sei, dass wir eine EIN-Number benötigen würden. Die hatten wir nicht und würden diese auch so schnell nicht mehr bekommen. Doch das klären wir morgen. Jetzt waren es exakt noch 24 Stunden, bis der Trucker den Container wieder einfangen würde. Also mussten wir ab sofort die mentale Notbremse wieder lockern und ranklotzen, was das Zeugs hielt. Es ist unglaublich, wie viel Stauraum wir mit der Schlachtung der bereits beladenen Pontonkarosse wieder verloren hatten. Außerdem passte die Containerladekonstruktion nicht mehr. Doch die zu ändern, fehlte uns die Zeit. Also bauten wir hölzerne Notbehelfsfächer und verstauten die sperrigen Blechteile an anderer Stelle erneut.
In der Zwischenzeit hatten wir endlich herausfinden können, welche Praxis mir die fehlenden Bluthochdrucktabletten für die folgenden fünf Tage verschreiben könnte. Also verließ ich hastig die Containerszene und meldete mich samt völlig verölter Schrottplatzbekleidung in der Notaufnahme des Community Medical Centers von Stockton. Die Frage nach Reisepässen musste ich wahrheitsgemäß verneinen. Ein registrierter Aufenthaltsort in Deutschland war in dem Formular ebenfalls nicht vorgesehen. Auch ein ständiger Wohnort hier war nicht gegeben. Also bekam ich ohne große Umschweife zu machen den Status "Homeless" verpasst. Was einen Vorteil hatte, für solche sozialen Unterschichten waren die Tablettenrationen kostenlos. Als man mich wieder vor die Türe setzte, beäugte ich ungläubig die Pillendose. Auf dem Etikett stand tatsächlich: Horst Stuempfig - Obdachlos - Stockton CA 95203. Zumindest eine Postleitzahl hatte man mir noch zugesprochen. Welch ein sozialer Absturz.
Ohne feste Heimat blieb mir gar nichts anderes übrig, als zu meinen beiden Pennbrüdern zurückzukehren. Byron hatte zu deren Überraschung noch einen frühen 450 SL mit europäischen Stoßstangen für mickrige 200 $ dingfest gemacht und umgehend auf das Gelände gekarrt. Augenscheinlich ist dem Besitzer das Malheur passiert, einen bereits demontierten Kofferraumdeckel wieder ins Schloss einschnappen zu lassen. Wie sich später herausstelle, fand er zudem die Schlüssel nicht mehr, die er vorher unwissentlich im Kofferraum deponiert hatte. Das war auch der Grund, warum der Unglückspils sich um weitere 800 Dollar herunterhandeln ließ. Da wie immer die Papiere fehlten, hatte man uns ein wahres Schlachtschnäppchen vor die Containertüre gestellt. In einer Blitzaktion wurde alles Schnellabbaubare heruntergeschraubt und notverladen. Die Kotflügel hatten wir bei dem Zeitdruck einfach nicht mehr geschafft. Wir mussten ja noch nach San Fransisco und es war bereits Nachts um 2 Uhr ...
Die Nacht in San Fransisco hätten wir uns eigentlich sparen können. Denn, sofern man ein Ticket der Lufthansa gebucht hat, kommt man auch ohne Reisepass wieder außer Landes. Diese einfache Frage hatte uns nur nie niemand gestellt. Und glaubt uns, wir hatten etliche Telefongespräche diesbezüglich geführt. Also fuhren wir in aller Frühe zum Flughafen, um uns diesen Umstand von einem Supervisor bestätigen zu lassen. Tatsächlich, dem war so. Inzwischen kam auch per Whats App die Bestätigung, dass der Container pünktlich abgeholt wurde, der Fahrer aber keine Plomben dabei hatte. Deswegen habe man ein Vorhängeschloss angebracht und ihm den Schlüssel mitgegeben. Wie blöd ist dass denn nun wieder! Wie sagte der Fussballtrainer Hans Meyer einmal zu FCN-Zeiten: "Hilft alles nichts, dass hätte, wenn und aber. Denn der Konjunktiv schießt keine Tore." Tja, und das hier war ein amerikanisches Eigentor. Trotzdem kämpften wir uns durch den Berufsverkehr in den Norden der Stadt zurück, um den Termin mit der Verschiffungsagentur wahrzunehmen. Die bestanden ja immer noch auf einer EIN-Nummer unsererseits, ohne die die Agentur angeblich keinen Container außer Landes bekommen würde.
Der Agent mit dem ich dort seit drei Wochen einseitigen Telefonkontakt pflegte, hieß Jay Wu. Schon nach dem ersten Telefongespräch war mir klar, dass sich dieser Vermittler ganz ganz weit entfernt von dem Slogan "Yes we can" aufhielt. Sowohl fachlich, als auch englischsprachig. Als wir die Agentur betraten, waren nur zwei Mädels anwesend, der Rest hatte wohl Mittagspause. Man kannte unseren Fall bereits und fing wieder mit der EIN-Nummer an. EIN steht für "Employer Identification Number", also eine von der IRS zugewiesene Steuernummer für Arbeitgeber bzw. Unternehmen in den USA. Ich erklärte, dass man diese Nummer nur dann benötigen würde, wenn man in den USA ein Büro, eine Agentur oder ähnliches unterhalten würde. Daraufhin riet man uns vollen Ernstes, zügig eine Company zu gründen. Und dies eineinhalb Arbeitstage vor Abreise. Daraufhin erklärte ich den Damen, dass uns ihr Telefonjoker Jay Wu diesen Vorschlag schon vor drei Wochen hätte unterbreiten können. Meine anschließende bildliche Schilderung der Telefonproblematik mit dem Knallkopf enthielt scheinbar auch einige flüchtig eingestreute dumbasses, die man frei übersetzt als idiotischer Vollpfosten interpretieren könnte. Das brachte einen weiteren echauffierten chinesischen Agenten auf die Tagesordnung. Der ging sogar soweit, dass er behauptete, dass man Fahrzeuge, die älter als ein Jahr wären, nicht mehr exportieren könne. Ganz abgesehen von gebrauchten Ersatzteilen. Von da an hatte der Spaß für mich endgültig ein Loch. Eigentlich hätte der Kerl merken müssen, dass das Zucken in meinem Gesicht absolut nichts mehr mit harmlosen Augenbrauenflattern zu tun hatte. Jedenfalls hakte ich mich geschickt in seinem Arm unter und war schon dabei, mit ihm einmal ungestört spazieren zu gehen. Außerdem wollte ich mit Nachdruck wissen, ob er eventuell Jay Wu sei und welcher bekloppter Vorgesetzter ihm erlaubt hätte, bei völliger geistiger Umnebelung den Telefonhörer abzunehmen?
Daraufhin tauchte Sidney Song auf. Dem Anhänger auf ihrer Bluse konnten wir entnehmen, dass es sich bei ihr um eine Art Calm-Down-Managerin handeln würde. Sie schob uns eilig hinter einen Raumteiler und bat uns, Platz zu nehmen. Also fingen wir sitzend nochmals bei Null Komma Null an. Ich erklärte ihr in reinstem fränkisch-englisch die absurde EIN-Problematik. Außerdem gab ich zu verstehen, dass wir in den letzten vier Wochen dreimal überfallen wurden und eigentlich die Schnauze gestrichen voll hätten. Zudem sei es unerträglich, dass wir jetzt hier säßen, aber es gleichwohl begrüßen würden, wenn diese Agentur trotz völliger Ahnungslosigkeit in die Pötte kommen würde. Daraufhin fing sie an, verlegen zu lächeln. Frank wollte wissen, was es da zu lachen gäbe, worauf sie erwiderte, dass sie äußerlich lachen, aber innerlich weinen würde. Wir waren sprachlos. Hinter dem Windfang rumorte es gewaltig Die Geräuschkulisse erinnerte an vierzig Peking-Enten, denen man mit dem Vorschlaghammer eins gehörig auf die Flossen gegeben hatte. Das Schnattern hinter den Kullissen war nicht nur wild und schrill, sondern auf unserer Seite nicht mehr zu überhören. Die Situation war völlig grotesk. Die eine Seite mokierte sich wie wild in asiatisch. Auf der anderen Seite saßen wir und weinten mit Sidney innerlich.
In unserer Not haben wir Eike von CFR-Line in Los Angeles angerufen. Der hatte einen ordentlichen Beruf gelernt und wusste auch prompt die Lösung. Bei allen Privatpersonen, die Einkäufe über 2.200 $ tätigen würden, findet die Reisepassnummer samt Einreisestempel Verwendung. So einfach kann es sein. Nur hatten wir ja keine Reisepässe mehr. Außer Frank. So kam es nach einer weiteren hitzigen Diskussion dazu, dass aus Frank vdh-Service wurde und die aufgebrachte Entenschar mit einem Streich verstummte. Als wir das Büro verließen, klingelte am Ausgang das Handy. Es war der Truckunternehmer dran und wollte wissen, ob man jetzt den Container abholen könnte? Ich antwortete: "Der wurde doch heute morgen um Acht schon geholt!" - "Ach so, dann wäre ja alles in Ordnung!" Ich meinte: "Nichts ist in Ordnung!" Er meinte: "Warum?" Ich antwortete: "Ob er den wisse, wer denn dann heute früh den Container weggefahren hätte?" Er meinte: "Nein, warum?" Ich legte auf und weinte innerlich weiter ....
Fast vier Wochen waren wir nun unterwegs und alles hing immer noch in groben Tüchern. Also machte ich den vorsichtigen Vorschlag, zweihundert Meilen Umweg in Kauf zu nehmen und über Monterey zu fahren. Keiner zuckte, also fuhren wir los. Beim ersten Stopp am Strand liefen wir barfuss an einer der zahllos schönen menschenleeren Strände entlang und merkten, wie nötig wir das hatten. Die never ending Story trieb uns an den Rand des Wahnsinns. Umso erstaunter waren wir, als wir am nächsten Morgen aufwachten und eine Nachricht auf dem Handy vorfanden, dass wir Tölpel es tatsächlich auf Seite 1 der Stocktoner News geschafft hatten. Die Headline lautete "Making amends to ripped off Germans". Die Botschaft war anrührend geschrieben, mit folgendem Tenor: Hallo Stocktoner, lasst uns um die drei gestrandeten Deutschen kümmern. Und zwar am Samstag im Zuge einer Amend-Party im alten Waterfront Warehouse zwischen 3 PM und 5 PM. Der Schlusssatz lautete: "Anybody have an accordion?"
Wir schlugen uns auf die Schenkel lachten und dachten, da kommt doch eh keiner ...
Mal ganz ehrlich! Was wäre das Ergebnis eines derartigen Aufrufs in einer deutschen Großstadtzeitung? Wie würde die Resonanz ausfallen auf einen Artikel, der auf Entschädigung dreier Ausländer zielt, die dreimal überfallen wurden? Da könnte es eher passieren, dass höhnische Parolen ob der Naivität auf Plakaten prangen würden. Wir hingegen spürten bereits am angrenzenden Parkplatz, dass dieser Nachmittag völlig anders verlaufen würde, als erwartet. Als wir uns noch schüchtern auf dem Parkplatz herumdrückten und auf Byron warteten, wurden wir bereits von einer Österreicherin empfangen, die den Artikel in der Stocktoner Zeitung gelesen hatte. Als wir die Türe zur großen Terrasse des mexikanischen Restaurants im Waterfront Warehouse öffneten, standen cirka 75 bis 80 Personen von ihren Sitzen auf und empfingen uns mit tobendem Applaus. Wildfremde Leute, die wir nicht kannten, hatten sich auf den Weg gemacht, standen da und applaudierten. Schüttelten uns die Hände, entschuldigten sich aufrichtig für Dinge, die in ihrer Stadt passierten, auf die sie keinen Einfluss hatten. Es wurden Kuchen für uns gebacken und Rotweinflaschen überreicht. Es gab ausgiebig Freibier, beschriftete Kuverts mit Spruchkarten, in Geschenkpapier verpackte Präsente, einen Gabentisch der Stadt Stockton mit Büchern, Krügen, Mützen, T-Shirts. Wir waren völlig überrumpelt, etwas hilflos und gleichermaßen überfordert und sprachlos über so viel Anteilnahme. Ich weiß nicht, wie viele Hände ich geschüttelt, wie viele Fragen ich beantwortet habe. Immer zog wer an mir und wollte mit mir reden, mir Autoteile schenken, Geldscheine in die Hose stecken. Geschweige denn von den all den Anwesenden, die uns ihren Fuhrpark anboten.
Die Resonanz hätte es in Deutschland mit Sicherheit nicht gegeben. Die Anteilnahme war echt. Egal, ob wir zukünftig eine kostenlose Übernachtung, einen Autoanhänger, ein Zugfahrzeug oder Stellplätze in leerstehenden Fabrikhallen benötigen würden. Wir haben die passende Visitenkarte dazu. Das war es wert, dreimal überfallen zu werden. Die Stocktoner News berichtete hierüber erneut. So nahm unsere Leidensgeschichte eine völlig unerwartete, ja unbeschreibliche Wendung. Wir mussten uns tatsächlich Koffer kaufen, um all die Geschenke unterzubringen. Die Feier hat mehr als nur unsere Wunden geschlossen. Sie hat uns den Glauben an die Menschheit zurückgegeben, und das sichere Gefühl, dass "Yes we can" nicht nur eine amerikanische Tugend ist.